Vortrag
Freitag, 28.1.2011, 14:30h

Birgitt Röttger-Rössler

Superbia. Stolz und sozialer Status aus ethnologischer Perspektive

„Und wie das häufig so der Brauch,
der Stolz wuchs mit dem Bauche auch.“
(Wilhelm Busch)

In nahezu allen Gesellschaften, sowohl hierarchisch als auch egalitär organisierten, neigen Personen, die besonders hohe soziale Wertschätzungspositionen einnehmen – sei es auf Basis ökonomischer, sei es anderer hoch bewerteter Attribute – dazu, ihren überlegenen Status auch in ihrem Verhalten in Form mehr oder minder direkter »Stolz-Performanzen« zu signalisieren. Bis zu welchem Grad und auf welche Weise sie dies tun können oder auch tun müssen, um sich etwa soziale Gefolgschaft zu sichern oder Zugang zu knappen Ressourcen zu verschaffen, hängt stark von den jeweiligen kulturellen Strukturen und entsprechenden »Stolzmodellen« ab. Die Spannbreite reicht hier von Gesellschaften, die von hochrangigen Personen öffentliches Stolzgebaren zur deutlichen Markierung ihrer Superiorität fordern und über entsprechende display codes verfügen, bis hin zu Gesellschaften, die jegliche Formen eines überlegenen Gestus als Hochmut, Arroganz oder Hoffart ablehnen und gerade von den hochrangigen Mitgliedern Bescheidenheit und Understatement in Auftreten und Verhalten erwarten. In dem Vortrag sollen die verschiedenen Facetten des Stolzes anhand einiger ethnografischer Beispiele näher beleuchtet werden.

Birgitt Röttger-Rössler, Professorin am Ethnologischen Institut der Freien Universität Berlin, studierte von 1975 bis 1981 Ethnologie, Anthropologie und Romanistik in Göttingen und Zürich. 1981 machte sie ihren Magister Artium und begann das Postgraduiertenstudium der Malaiologie und Volkskunde in Köln. Nach Feldforschungen in Indonesien promovierte sie 1988 in Ethnologie an der Universität Köln mit dem Dissertationsthema: Rang und Ansehen bei den Makassar von Gowa (Süd-Sulawesi, Indonesien). Von 1989 bis 1995 hatte sie Lehraufträge für Ethnologie an der Universität Göttingen. Von 1995 bis 1999 war sie dort als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. 2001 folgte ihre Habilitation. 2003 bis 2006 war sie wissenschaftliche Leiterin der interdisziplinären und internationalen Forschungsgruppe Emotions as Bio-cultural Processes am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld. Nach einer Vertretungsprofessur in Köln ist sie seit 2008 Professorin am Ethnologischen Institut der Freien Universität Berlin im Rahmen des Exzellenzclusters Languages of Emotion. Zu ihren Publikationen gehören: Die kulturelle Modellierung des Gefühls. Ein Beitrag zur Theorie und Methodik ethnologischer Emotionsforschung anhand indonesischer Fallstudien (2004) und »The End of Honour. Emotion, Agency and Social Change in an Indonesian Society«, in: Emotions as Biocultural Processes. An Interdisciplinary Approach (2009, hg. zs. mit Hans Markowitsch).