Vortrag
Donnerstag, 11.5.2023, 16:30h

Thomas Etzemüller

Fiktionalisierte Realität, fiktionale Realität, reale Fiktion. Zum Verhältnis von Dichtung, Wissenschaft und Realität

Zunächst soll knapp die Frage diskutiert werden, inwieweit Wissenschaftler kontrolliert Quellen erfinden bzw. mit fiktionalen Methoden arbeiten dürfen oder
sollten, um a) Geschichte mit den Mitteln und Möglichkeiten der Literatur sinnlich erfahrbar zu machen und b) über den epistemischen Status der Wissenschaft
bzw. der Realität zu reflektieren, die im Fall der deutschen Rassenanthropologie regelrecht romanhaft wirkt. Als Fallbeispiel dient die fiktionale Dokumentensammlung
des Anthropologen Henning von Rittersdorf; sie bringt den mäandernden Lebensweg deutscher Experten durch die »ambivalente« bzw. »heroische
« Moderne paradigmatisch auf den Punkt.

Thomas Etzemüller, geb. 1966, ist Professor für Kulturgeschichte der Moderne an der Universität Oldenburg. Er studierte Geschichte, empirische Kulturwissenschaften und Filmwissenschaft in Tübingen und Stockholm. Seine Forschungsschwerpunkte sind die europäische Kulturgeschichte seit 1800 und die Wissenschaftsforschung. Ausgewählte Publikationen: Landschaft und Nation. Rhein – Dalarna – England (2022); Henning von Rittersdorf: Das Deutsche Schicksal. Erinnerungen eines Rassenanthropologen. Eine Doku-Fiktion (2021); Auf der Suche nach dem Nordischen Menschen. Die deutsche Rassenanthropologie in der modernen
Welt
(2015); Biographien. Lesen – erzählen – erforschen (2012); Die Romantik der Rationalität. Alva & Gunnar Myrdal. Social Engineering in Schweden (2010, engl. 2014).