Vortrag
Donnerstag, 11.5.2023, 17:30h

Heinz Bude

Die Aussagekraft der soziologischen Erzählung vor dem Hintergrund einer Storyfizierung der gesellschaftlichen Realitäten

Der Erzähltheoretiker Peter Brooks hat 2022 in seinem Buch Seduced by Story. The Use and Abuse of Narration die »Storyfizierung der gesellschaftlichen Reali-
täten« beklagt. Besonders die politische Kommunikation sei von Erzählungen durchsetzt, die am Beispiel einer persönlichen Geschichte die Glaubwürdigkeit
politischer Programme herstellen sollen. Es gibt aber auch eine »Narrative Ökonomie« (Robert J. Shiller) und eine »Narrative Psychologie« (Jerome Bruner) und
eine »Narrative Pädagogik« (Hildegard Schicke). Über den narrativen Wahrheitsgehalt und Wirklichkeitseffekt muss sich die soziologische Verwendung des Er-
zählschemas im Klaren sein. Im Rekurs auf Paul Veyne wird dargelegt, dass soziologische Erzählungen ihre Aussagekraft aus der Bearbeitung des Kontingenz-
problems gewinnen.

Heinz Bude, geb. 1954, studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie. Von 1997 bis 2015 leitete er den Bereich »Die Gesellschaft der Bundesrepublik« am
Hamburger Institut für Sozialforschung, seit 2000 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Makrosoziologie an der Universität Kassel. Ausgewählte Publikationen: Auf-
prall
(Roman, mit Bettina Munk und Karin Wieland, 2020); Solidarität. Die Zukunft einer großen Idee (2019); Adorno für Ruinenkinder. Eine Geschichte von 1968 (2018); Das Gefühl der Welt. Über die Macht von Stimmungen (2016); Lebenslügen im Kapitalismus (Mit-Autor 2014); Gesellschaft der Angst (2014); Bildungspanik. Was unsere Gesellschaft spaltet (2011); Die Ausgeschlossenen. Das Ende vom Traum einer gerechten Gesellschaft (2008).