Tania Singer
Das Training des sozialen Gehirns. Von Empathie über Mitgefühl zur mentalen Gesundheit
In den letzten Jahrzehnten haben die sozialen Neurowissenschaften und die kontemplativen Wissenschaften enorme Fortschritte im Verständnis der neuronalen Grundlagen von Empathie, Mitgefühl oder der kognitiven Perspektivenübernahme gemacht. Im Zuge der Achtsamkeitsforschung wird neurowissenschaftlich untersucht, wie sich diese sozialen Fähigkeiten durch mentale Übungen trainieren lassen und wie sich solche Übungen auf Gehirnplastizität, mentale Gesundheit, soziale Kompetenzen und Stressreduktion auswirken. Ich werde die wichtigsten Forschungsergebnisse dieser mentalen Trainingsforschung vorstellen: Während es sich beim ReSource-Projekt um eine groß angelegte neunmonatige Längsschnittstudie zum mentalen Training handelte, die mehr als 90 Maßnahmen umfasste, untersuchte das CovSocial-Projekt, wie psychische Gesundheitsprobleme, die sich während der Covid19-Pandemie verschärft hatten, durch ein rein App-basiertes 10-wöchiges Online-Programm reduziert werden können. Hier wurden klassische Achtsamkeitsübungen mit neueren Formen des Partner-basierten Trainings, den sogenannten Dyaden, miteinander verglichen. Ich werde aufzeigen, wie wirksam solche neuen, skalierbaren sozialen Trainingsansätze sind, wie Dyaden soziale Nähe und Kohäsion schaffen und Einsamkeit reduzieren können. Zudem stelle ich das neue Edu:Social Projekt vor, das solche skalierbaren Dyadenprogramme nun in die Gesellschaft bringt und untersucht, wie mentale Interventionsprogramme in Schulen oder das Gesundheitssystem gebracht werden können, um dort Sozialkompetenzen und Resilienz zu steigern und Burnout-Raten zu reduzieren.
Tania Singer ist Professorin für soziale Neurowissenschaften und Psychologie und leitet das Social Neuroscience Lab der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin. Sie ist eine weltweit anerkannte Expertin zu den Forschungsthemen Empathie und Mitgefühl und engagiert sich leidenschaftlich dafür, Brücken zwischen Bereichen zu schlagen, die normalerweise nicht miteinander interagieren, z.B. Neurowissenschaft und Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst, oder Wissenschaft und kontemplativen Traditionen.