Vortrag
Freitag, 13.6.2008, 12:30h
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam

August Hanning

Bedeutungsgewinn des “Geheimen” für offene Gesellschaften im Zeitalter des Terrorismus

Wir beobachten im Zeitalter des Terrorismus seit 9/11/2001 wieder einen Bedeutungsgewinn der Geheimdienste und mit ihnen des “Geheimen” in den offenen Gesellschaften des Westens. Die Gefahr wachsender Geheimdienstaktivitäten und Geheimnisse im Sinne klassizierter Informationen für Demokratien wird propagiert. Denn die Abschaffung des “Geheimen” gilt als ein Megatrend der Aufklärung. Der Begriff des “Geheimnisses“ war seit der Französischen Revolution stets negativ konnotiert. Ein Geheimnis ist eine Information oder ein soziales Handeln, deren Kenntnis unter wenigen der Geheimhaltung unterliegenden Geheimnisträgern bleiben soll. Die an Transparenz orientierte offene Gesellschaft eines Karl Popper sah ihre Feinde stets im Klandestinen – v.a. im starken Staat. Das Problem heute: Grundlegende Veränderungen der Rahmenbedingungen für die Gewährleistung von Sicherheit zeichnen sich unter dem Eindruck der Terrorgefahr ab. In den verdeckt und asymmetrisch geführten neuen Kriegen spielt präventive Geheimnisaktivität eine Schlüsselrolle bei der Gefahrenabwehr. Umfang und Befugnisse der Geheimdienste wachsen unter dem Eindruck drohender Anschläge. Alle westlichen Nationen sind dabei auf dem Weg zu einer neuen Balance zwischen Freiheit und Sicherheit. In Deutschland trifft dieser Prozess aufgrund der jüngsten Geschichte auf besonderes Misstrauen.
Darf der Bürger ein Geheimnis bleiben? Ja – es gibt einen Kernbereich des Privaten, der dem Staat verborgen bleiben soll und der nur unter besonders strengen Kontrollmechanismen geöffnet werden darf. Nein – die präventive Gefahrenabwehr erfordert Zugriffsrechte des Staates in die Privatsphäre hinein, die nicht a priori abgelehnt werden dürfen.

August Hanning is State Secretary at the Federal Ministry for the Interior in Berlin. He studied law at the Universities of Freiburg and Münster, where he also received his doctorate in 1976. Following various positions in state and federal administration, he moved to the Chancellor’s Office in Bonn in 1981. Between 1986 and 1990, he worked in the Permanent Mission of the Federal Republic in East- Berlin, negotiating the release of political prisoners. In 1990, August Hanning returned to the Chancellor’s Office where he worked closely with Bernd Schmidbauer, the Government’s Secret Services Co-ordinator. Between 1998 and 2005, August Hanning was President of the Bundesnachrichtendienst, Germany’s Foreign Intelligence Service.