Vortrag
Dienstag, 21.6.2011, 19h

Christian Meier

Professor em. für Alte Geschichte, Ludwig-Maximilians-Universität München

Warum erinnern? Warum vergessen? Der schwierige Umgang mit schlimmer Vergangenheit

Gesprächsleitung: Prof. em. Dr. Etienne François, Berlin

Ein zentraler Glaubenssatz unserer Zeit lautet: Um eine Vergangenheit zu “bewältigen”, muss man die Erinnerung an sie ständig wachhalten. In dem Vortrag soll die darin zum Ausdruck kommende Geschichtsversessenheit kritisch betrachtet werden. Dabei stellt sich heraus, dass in früheren Zeiten das Vergessen als ein Heilmittel betrachtet wurde, um mit einer schlimmen Vergangenheit umzugehen. Von der Antike bis in die Neuzeit überwog das Bestreben der Menschen, vergangenes Unrecht nicht zu sühnen, sondern dem Vergessen anheimzugeben, wenn sie nach Kriegen oder Bürgerkriegen Versöhnung suchten. Mit einem Wort: Die Welt setzte seit den alten Griechen auf Vergessen. Kann man diese Erkenntnis auch auf den Umgang mit dem Holocaust anwenden? Gilt sie ebenfalls für die Beschäftigung mit dem DDR-Unrecht?

Christian Meier, geb. 1929, studierte Geschichte, Klassische Philologie und Römisches Recht. Von 1981–1997 war er Professor für Alte Geschichte an der LMU München, von 1980 bis 1988 Vorsitzender des Verbandes der Historiker Deutschlands und von 1996 bis 2002 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Er veröffentlichte u.a.: Res Publica Amissa. Eine Studie zu Verfassung und Geschichte der späten römischen Republik (1966, Neuaufl. 1997); Die Welt der Geschichte und die Provinz des Historikers (1989); Von Athen bis Auschwitz (2002). Zuletzt erschien: Das Gebot zu vergessen und die Unabweisbarkeit des Erinnerns. Vom öffentlichen Umgang mit schlimmer Vergangenheit (2010).

Etienne François ist Mitglied des Frankreich-Zentrums der FU Berlin