Hans-Dieter Mutschler
Trägt das Auftreten von ID zu einer Neubestimmung des Verhältnisses von Wissenschaft und Religion bei?
(Panel I Statement II)
Der Ansatz von ID scheint zumindest aus zwei Gründen problematisch: Erstens macht es keinen Sinn, Finalursachen in das Gewebe der herkömmlichen Wirkursachen dort einzufügen, wo zur Zeit Erklärungslücken herrschen. Es ist nicht klar, ob diese Lücken in Zukunft nicht auch durch bisher unbekannte Wirkursachen gefüllt werden können. Zudem scheint eine naive Addition so verschiedener Ursachen zu Inkohärenzen zu führen. Die Frage nach ‚Finalität in der Natur’ scheint, entgegen einem weit verbreiteten Konsens, nach wie vor offen. So diskutiert man in der Philosophie der Biologie, ob nicht bei der Konstitution des Lebendigen Finalität unabdingbar ist. Wenn ja, würde Finalität auf einer ganz anderen Ebene liegen, als jenes Geflecht der Wirkursachen. Doch selbst wenn es zweitens gelänge, Finalität transzendental zu rekonstruieren, würde daraus nichts für die Existenz Gottes folgen, da man seit Hume und Kant wissen könnte, dass Finalität zwar eine notwendige, aber keinesfalls hinreichende Bedingung für einen Schöpfergott ist, wie ihn das Christentum lehrt.
Hans-Dieter Mutschler, jeweils volles Studium der Theologie (1979), Physik (1983) und Philosophie (1989) in München, Paris und Frankfurt/M. Promotion und Habilitation (1997) in Philosophie. Professor für Natur- und Technikphilosophie in Krakau (ab 2003). Er publizierte unter anderem: Spekulative und empirische Physik. Aktualität und Grenzen der Naturphilosophie Schellings (1990); Physik – Religion – New Age (1992); Die Gottmaschine. Das Schicksal Gottes im Zeitalter der Technik (1998); Naturphilosophie (2002); Physik und Religion (2005).