Ausstellung
Montag, 11.2.2002, 19:00h

John Miller

New York

Screen Memories

“Was im sanften Licht des Vormittags noch wie ein Erkenntnisspiel anmutet, das auf Heiterkeit angelegt ist und nicht auf den Ernst vorbehaltloser Wahrheit, reift in der Helle des Mittags zur endgültigen Einsicht. Die Zeit scheint stillzustehen; die Gestalten des Lebens sind weder alt noch jung, und das, was ist, rechtfertigt sich im Licht des Bestehenden. Die Wahrheit, die dem Menschen nun zugemutet wird, rührt an das Innerste seiner Existenz; sie ruht in sich selbst, und sie bewahrt ihre eigene Begründung. Das Vergangene zählt nicht mehr, die Gegenwart stirbt dahin, und die Zukunft ist ein leeres, flatterndes Blatt.” (Otto A. Boehmer, 1999)

Aus seiner Serie “Middle of the Day” zeigt der New Yorker Fotokünstler John Miller 50 neue Arbeiten. Zwischen 12 und 14 Uhr Mittags aufgenommen, quer durch die urbanen Landschaften der USA, Asiens und Europas, stellen sie das fotografische Tagebuch eines Wanderers dar. Miller geht es um das Alltägliche, das er in einem dokumentarischen Rahmen in den Blick nehmen will. Wie im Falle von Nietzsches Wanderer verspricht die “Helle des Mittags” unmittelbare Einsicht in das Gegebene. Doch wie in Freuds Psychopathologie des Alltags erscheinen hinter diesem (schönen) Schein immer auch andere Ebenen der Realität, verdeckte Erinnerungen. Mit Screen Memories – Deckerinnerungen – bezeichnet Freud Fiktionen, die das Unbewusste erzeugt, um andere, echte, oftmals traumatische Erinnerungen zu verdecken. Die Fotos erweisen sich als trügerische Medien des Gedächtnisses.

Zur Eröffnung spricht: Clemens Krümmel, Texte Zur Kunst, Berlin

In Zusammenarbeit mit der Galerie Barbara Weiss, Berlin