Marina Barabas
Praxis and Responsibility. Can Ethics Make Sense of Goodness?
Das Gute ist ein Schlüsselbegriff der Ethik. Doch unter Moralphilosophen wird dieser Begriff – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht diskutiert. Mit ihrem Vortrag versucht Marina Barabas zu zeigen, dass dieses Stillschweigen keine einfache Vernachlässigung darstellt, sondern in der theoretischen Unvereinbarkeit des Guten mit dem Moralischen oder Ethischen begründet ist.
Das Moralische wird in der Regel eng mit dem Begriff der Entscheidung verbunden. Um gerecht zu sein, setzt eine solche Entscheidung Verantwortlichkeit voraus, die ihrerseits das Wissen darum voraussetzt, was man tut sowie die Freiheit, es zu tun oder zu unterlassen. Grundlegend für das Moralische ist damit die doppelte Aufforderung: „Erkenne dich selbst“ und „Sorge dich um deine Seele“; also das Ideal der Selbsterkenntnis, des freien Willens und des eigenen Strebens nach Selbstvervollkommnung. All dies steht in einem fundamentalen Spannungsverhältnis zum Guten. Die beiden entscheidenden Merkmale des Guten sind nämlich 1) dass es eben gerade nicht von einem selbst, sondern von einem unparteiischen Betrachter als solches (an-)erkannt wird und, damit verbunden, 2) dass es weder ein allgemeines noch ein besonderes Ziel menschlichen Strebens ist.
Dieser Umstand sollte angesichts der unbestreitbaren ethischen Bedeutung des Guten nicht nur dazu Anlass geben, die definitorischen Grundlagen von Ethik und Moral zu hinterfragen, sondern viel grundlegender unsere Vorstellung von einem guten Leben zu überdenken.