Jean-Claude Kaufmann
Les illusions créatrices de vérité: l’exemple de l’individu moderne
(Illusionen, die Wahrheit schaffen. Das Beispiel des modernen Menschen)
Dass die im Abendland so hoch gehaltene Autonomie des Individuums eine Illusion ist – das Individuum verfügt nämlich gar nicht über die Autonomie, dies es zu haben vorgibt –, steht für Kaufmann genauso fest wie die Wirkungskraft der Wahrheit dieser Illusion: Obschon eine Illusion, dringt die Vorstellung von der Autonomie doch immer mehr in das Dasein des Individuums ein. Das Modell des autonomen Individuums basiert zudem auf der Zuschreibung von Rationalität. Diese ist, so Kaufmann, zwar wichtig, bildet aber keinesfalls den Kern der Subjektivität. Diesen muss man vielmehr in einem fiktionalen Imaginären suchen, also in den Illusionen und Träumen, die eigene Wahrheiten zu erzeugen vermögen, und zwar oft die innovativsten.
Jean-Claude Kaufmann begann 1969 seine Laufbahn als Soziologe. Er war zunächst Angestellter und wurde 1977 in den Centre national de la recherche scientifique (CNRS) aufgenommen. Im Jahr 2000 wurde er zum Forschungsdirektor ernannt. Er ist Mitglied des CERLIS (Centre de recherches sur les liens sociaux – Forschungszentrum für soziale Bindungen), ein „Forschungslabor“ des CNRS an der Universität Paris V/Sorbonne. Wichtigste Veröffentlichungen in deutscher Sprache: Schmutzige Wäsche. Ein ungewöhnlicher Blick auf gewöhnliche Paarbeziehungen (1992). Frauenkörper – Männerblicke. Soziologie des Oben-ohne (1995); Mit Leib und Seele. Theorie der Haushaltstätigkeit (1997); Singlefrau und Märchenprinz. Warum viele Frauen lieber allein leben (1999); Der Morgen danach (2002); Die Erfindung des Ich. Eine Theorie der Identität (2004); Das verstehende Interview. Theorie und Praxis (2004); Kochende Leidenschaft. Soziologie vom Kochen und Essen (2006); Was sich liebt, das nervt sich (2008).
Vortrag in französischer Sprache (mit Simultanübersetzung)