Vortrag
Dienstag, 6.7.2004, 17h

Günther Grewendorf

Professor für Linguistik Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Ist die Sprache im Kopf ?

Gesprächsleitung: Prof. Dr. Gisbert Fanselow, Potsdam

Wenn der menschliche Geist ein Ort ist, wo ist er dann anzutreffen? Wenn die Fähigkeit, eine Sprache zu beherrschen, eine Fähigkeit des menschlichen Geistes ist, befindet sie sich dann an demselben Ort, an dem der Geist sich befindet? Oder sind Denken und Sprache gar nicht an einem physiologisch bestimmten Ort zu lokalisieren? — In der Sprache, so Wittgenstein, stimmen die Menschen überein, und dies sei keine Übereinstimmung der Meinungen, sondern der Lebensform. Nach Chomskys Ansicht ist dies nicht eine Übereinstimmung der Lebensformen, sondern der Natur. Für Wittgenstein ist die Sprache eine Form sozialen Lebens. Chomsky hält die Sprache für eine Form biologischen Lebens.
Die Diskussion dieser auf den ersten Blick konträren Sprachauffassungen Chomskys und Wittgensteins wird zeigen, dass die Analyse grundlegender Eigenschaften natürlicher Sprachen eine biologisch fundierte Theorie der Sprache erzwingen, aber auch, dass eine biologische Sprachauffassung mit einer gesellschaftlichen Theorie der Sprache nicht unverträglich ist.

Professor Dr. Günther Grewendorf studierte von 1967 bis 1971 Germanistik, Geschichte und russische Philologie in Frankfurt, München und Oxford. 1974 Promotion in München; 1978 Habilitation an der FU Berlin. Ausgewählte Publikationen: (Hg.) Rechtskultur als Sprachkultur. Zur forensischen Funktion der Sprachanalyse, Frankfurt/Main 1992; Sprache als Organ. Sprache als Lebensform, Frankfurt/Main 1995; Minimalistische Syntax, Tübingen, 2002.

Eine Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Interdisziplinären Zentrum für Kognitive Studien der Universität Potsdam