Lecture
Thursday, May 15, 2003, 7:00 PM
Otto-Braun-Saal der Staatsbibliothek zu Berlin Potsdamer Straße 33, Berlin-Tiergarten

Jan Assmann, Wolfgang Ernst

Erinnerung zwischen Kulturwissenschaft und Medienarchäologie

Gesprächsleitung: Dr. Cornelia Vismann, Berlin

Jan Assmann
Professor für Ägyptologie, Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg

Wolfgang Ernst
Professor für Medientheorie, Humboldt-Universität zu Berlin

Gerade konnten wir sehen, wie die Museen und Bibliotheken in Bagdad geplündert und die einmaligen archäologischen Zeugnisse, Zeichen unserer historischen Erinnerung, gestohlen oder zerstört wurden. Das zeigt uns wieder einmal die Fragilität solcher Monumente, demonstriert, wie bedroht die Medien unseres kollektiven Gedächtnisses sind. Wir leiden aber nicht nur an einem Zuwenig, sondern auch an einem Zuviel: Eine Unzahl von Dokumenten und Exponaten liegen in unseren Archiven, Bibliotheken und Museen – soviel, dass wir sie kaum noch ordnen, geschweige denn ausstellen, betrachten, verarbeiten können. Schließlich speichern wir in letzter Zeit auch immer mehr Informationen, die wir in Zukunft nicht mehr abrufen können, weil die Programme nicht mehr lesbar sein werden: Erinnerungen, die nicht zerstört und dennoch verloren sein werden?

Jan Assmann
geboren 1938, studierte Ägyptologie, Archäologie und Gräzistik, Promotion 1965, Habilitation 1971, seit 1976 Professor der Ägyptologie in Heidelberg, Gastprofessuren in Paris, Yale und Jerusalem, Forschungsaufenthalte in Berlin (Wissenschaftskolleg) und Santa Monica (J. Paul Getty Center). D. theol. h.c. (Münster).
Ausgewählte Veröffentlichungen:
Zeit und Ewigkeit im Alten Ägypten. Heidelberg 1975
Ägypten – Theologie und Frömmigkeit einer frühen Hochkultur. Stuttgart 1984
Ma´at. Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten. München 1990
Stein und Zeit. Mensch und Gesellschaft im Alten Ägypten. München 1991
Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität. München 1992
Ägypten. Eine Sinngeschichte. 2. Aufl. München 1996
Moses der Ägypter. Entzifferung einer Gedächtnisspur. München 1998
Weisheit und Mysterium. Das Bild der Griechen von Ägypten. München 2000
Der Tod als Thema der Kulturtheorie. Todesbilder und Totenriten im Alten Ägypten. Frankfurt/Main 2000
Herrschaft und Heil. Politische Theologie in Altägypten, Israel und Europa. München 2000
Tod und Jenseits im Alten Ägypten. München 2001

Wolfgang Ernst
geboren 1959, studierte Geschichte, Klassische Philologie und Archäologie in Köln, London und Bochum. Promotion 1989, Habilitation 2002; lehrte in Leipzig, Kassel, Erfurt, Köln, Paderborn und Weimar. Seit 2003 Professor für Medientheorie an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Ausgewählte Veröffentlichungen:
Historismus im Verzug. Museale Antikenrezeption im britischen Neoklassizismus (und jenseits), Hagen 1992
Geschichtskörper. Zur Aktualität von Ernst H. Kantorowicz (hg. zus. mit Cornelia Vismann). München 1998
M.edium F.oucault. Weimarer Vorlesungen über Archive, Archäologie, Monumente und Medien. Weimar 2000
Das Rumoren der Archive. Ordnung aus Unordnung. Berlin 2002
Im Namen der Geschichte. Sammeln – Speichern – (Er)Zählen. Paderborn 2003

Der Eintritt ist frei

Eine Gemeinschaftsveranstaltung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Einstein Forums in Zusammenarbeit mit der Staatsbibliothek zu Berlin


Die Reihe Blickwechsel

Wissenschaft ist nicht einfach ein abstraktes Subjekt, sie ist auch geprägt von den Erfahrungen der Wissenschaftler. In der Reihe Blickwechsel werden die jeweiligen Fächer daher aus der Perspektive unterschiedlicher Generationen betrachtet. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass der Blick auf das Fach sich von Generation zu Generation entscheidend ändern kann. Dieser »Blickwechsel« resultiert aus unterschiedlichen Prägungen während des Studiums, sich verändernden Problemlagen in der Forschung oder auch aus einer wechselnden historischen Grunderfahrung zwischen den Generationen. Indem zwei verschiedene Blicke auf ein Gebiet der Wissenschaft geworfen werden, erhoffen wir uns tiefere Einblicke in die Dynamik der jeweiligen Disziplinen. Indem die unterschiedlichen Generationen miteinander Blicke wechseln, soll auch eine Art neuer Selbstreflexion der Fächer entstehen.