Lecture
Wednesday, Nov 12, 2003, 7:00 PM

Mary Baine Campbell

Professor of English and American Literature, Brandeis University, Boston; z. Zt. Gast am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin

Dreaming, Motion, Meaning

Gesprächsleitung: Prof. Dr. Lorraine Daston, Berlin

Seit Aristoteles hat sich eine Kernfrage der Traumdeutung nicht geändert: Ist das Träumen ein physiologischer oder ein psychologischer Vorgang? Ferner markiert der Traum seit jeher eine Grenze, die Fragen der Repräsentation von Sprache aufwirft. Dahinter verbirgt sich das weite Feld der Wahrheit und ihrer Quellen. Die Freudschen, rein psychologisch ausgerichteten Deutungsmuster haben andere Ansätze und Aspekte der Traumdeutung verdrängt. Bereits in der frühen Neuzeit wurden in Frankreich und England Träume vor dem Hintergrund großer gesellschaftlicher Umbrüche diskutiert. Die im 16. und 17. Jahrhundert hergestellte Verknüpfung von Traum mit Bewegung von Körper und Geist führte dazu, ihn mit Hexerei, Wahrsagerei und den mit Misstrauen betrachteten Kulturen der Neuen Welt und Afrikas zu assoziieren. Der dadurch entstandene Status des Traums verbannte ihn für lange Zeit an die epistemologischen Randzonen einer Epoche, die sich der empirisch belegbaren Wahrheit der Wissenschaft verpflichtet sah.

Mary Baine Campbell ist Dichterin und Literaturwissenschaftlerin. Sie ist Professorin der Englischen Literatur an der Brandeis Univesity und zur Zeit Gastwissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Neben zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen, u.a. The Witness and the Other World: Exotic European Travel Writing, 400-1600 (1998) und Wonder and Science: Imagening Worlds in Early Modern Europe (1999) liegen von ihr zwei Gedichtbände vor.