Vortrag
Freitag, 8.7.2011, 18h

Rita Panesar

Religionswissenschaftlerin, Hamburg

Der Hunger nach dem Heiland. Rabindranath Tagore im Spiegel der Weimarer Presse

Ein breites Presseecho begleitete die einzelnen Etappen von Tagores Triumphzug durch Deutschland. Die Kommentatoren schwelgten in Superlativen, das Bild des „Lieblingsmaharadschas der Frauen“ erschien auf der Titelseite von Illustrierten und in den Wochenschauen der Kinos. Intellektuelle wie Axel Eggebrecht oder Georg Lukàcs kritisierten diesen „Tagore-Rummel“ jedoch scharf. Als Tangopausengespräch oder Lektüre für Bürgermädchen in der Tram sei Tagores Dichtung nicht geeignet, schrieb Stefan Zweig. In den öffentlichen und literarischen Äußerungen über Tagore spiegeln sich prägende Diskursfelder der Weimarer Republik, die in diesem Vortrag mit zahlreichen Zitaten aus Originalquellen herausgearbeitet werden. Gezeigt wird, wie Tagore vom kulturpessimistisch gestimmten Bildungsbürgertum als Projektionsfläche und Orientierungsfigur genutzt wurde und seine Äußerungen und Auftritte angesichts der „transzendentalen Obdachlosigkeit“ als Sinnstiftungsangebot inszeniert wurden.

Rita Panesar, geboren in Hochheim am Main als Tochter eines deutsch-indischen Ehepaares, studierte Neuere Geschichte, Journalistik und Indologie in Hamburg und promovierte in Vergleichenden Religionswissenschaften an der Universität Erfurt mit der Dissertation Medien religiöser Sinnstiftung – Der Volkserzieher, die Zeitschriften des deutschen Monistenbundes und die Neue Metaphysische Rundschau 1897–1936. Ihre Forschungsgebiete sind Fragen der Interkulturellen Kommunikation, das Indienbild in Deutschland, neue religiöse Bewegungen und die Konstruktion von Sinnstiftungsangeboten. Bei COMO Consult, wo sie von 2005 bis 2008 tätig war, absolvierte sie eine Ausbildung zur Gestalt- und Systemorientierten Organisationsberaterin. Danach Beratungstätigkeit für internationale Entwicklungsprojekte in Asien und Osteuropa, Fortbildung von Führungskräften im Management und Erstellung von Expertisen zum Cultural und Gender Mainstreaming. Seit 2009 ist sie Bildungsreferentin im Projekt BQM – Beratung Qualifizierung Migration in Hamburg tätig.