Vortrag
Dienstag, 13.6.2006, 19h

Jacques Revel

Directeur d’études, École des Hautes Études en Sciences Sociales, Paris;
z.Zt. Gast des Frankreich-Zentrums der Technischen Universität Berlin

Battles of Memory in Contemporary France

Gesprächspartner: Prof. Dr. Etienne François, Berlin

Seit einiger Zeit schon, aber besonders in den letzten Monaten, ist in Frankreich
ein heftiger Streit über die Erinnerungskultur entbrannt: Es geht um die Bewertung
der Kolonialzeit, die Verstrickung des Landes in den Sklavenhandel und die
Rolle, die Napoleon dabei spielte. Alle diese Debatten richten sich gegen das seit
Jahrhunderten kanonisierte Verständnis der l’Histoire de France. Trotz ihrer
Zuständigkeit haben sich professionelle Historiker bisher an diesen Debatten
nicht nur nicht beteiligt, sondern gar nicht erst Kompetenz für sich in Anspruch
genommen. Doch wird diese Abstinenz von Journalisten, Politikern, von Juristen
und Zeitbeobachtern zunehmend in Frage gestellt. Offenkundig spaltet sich jetzt,
was bislang als zusammengehörend galt. Die Zeiten der Geschichte erweisen
sich immer mehr als Zeiten des Konflikts.

Jacques Revel, geb. 1942, ist seit 1983 Directeur d’études an der EHESS und war von 1995 bis 2005 deren Präsident. Er ist Mitglied in zahlreichen nationalen wie internationalen Wissenschaftsvereinigungen und Akademien sowie Beirat des Wissenschaftskollegs zu Berlin. Sein Forschungsinteresse gilt vor allem den methodischen Fragen der Geschichtswissenschaften in Frankreich und Deutschland, zu denen er zahlreiche Aufsätze und Bücher vorgelegt hat. Auf deutsch sind erhältlich: (zus. mit Arlette Farge): Logik des Aufruhrs. Die Kinderdeportationen in Paris 1750 (1989); (zus. mit Roger Chartier und Jacques LeGoff): Die Rückeroberung des historischen Denkens (1990, Tb. 2001).

Veranstaltung in englischer Sprache