Frank Hartmann
Medien. Die Illusion der Oberfläche
Die Rituale des medialen Apparates bestimmen Politik und Ökonomie. Der schöne Schein der Benutzeroberflächen umgibt uns allenthalben. Wir werden, so heißt es, durch sie entmündigt, daher regt sich der erkenntniskritische Verdacht, die Wahrheit liege hinter oder unter dieser Oberfläche verborgen. Dieses Denkmodell bleibt ebenso zu hinterfragen wie die brachiale Kritik der Kulturindustrie, die einst vorgetragen wurde, als Technik noch keine Interaktivität erlaubt hat und jede Unterhaltung als Ablenkung und Verdummung gebrandmarkt wurde. Die Enthüllung einer Wahrheit funktioniert nicht länger als kritischer Gestus, möglicherweise aber noch in der technischen wie ökonomischen Durchdringung von Herstellungsprozessen. Hier lässt sich jener Medienkonstruktivismus entzaubern, zu dem Quote und öffentliche Meinung, Aufmerksamkeit und Prominenz zählen. Dass ein kritisches Wissen um diese Prozesse die mediale Seifenblase platzen lässt, könnte sich aber gut als die eigentliche Illusion herausstellen.
Frank Hartmann lebt als Medienphilosoph und Universitätsdozent in Wien. Lehraufträge und Gastprofessuren an österreichischen Universitäten sowie 2007 an der Universität Erfurt. Wichtigste Veröffentlichungen: Globale Medienkultur – Technik, Geschichte, Theorien (2006); Bildersprache. Otto Neurath, Visualisierungen (2006); Mediologie – Ansätze einer Medientheorie der Kulturwissenschaften (2003); Medienphilosophie (2002); Cyber-Philosophy. Medientheoretische Auslotungen (1996).