Erhard Stölting
Lässt sich Gesellschaft verstehen? Zu Peter Winchs Wittgenstein-Deutung
Peter Winch hat mit seiner Idee der Sozialwissenschaft und ihr Verhältnis zur Philosophie vor mehr als einem halben Jahrhundert gegen den, wie er meinte, vorherrschenden Szientismus Stellung bezogen und damit Aufsehen erregt. Sein Rückgriff auf Wittgenstein, aber auch auf Collingwood, Rhees u.a., seine Auseinandersetzung mit Pareto und Weber sind in den folgenden Jahrzehnten aber wieder weitgehend übergangen worden. Seit 2008 ist die Diskussion um den Ansatz von Winch und damit auch um seine Rezeption Wittgensteins wieder aufgenommen worden. Im Zentrum der Überlegungen stehen die Begriffe des „Verstehens“ und der „Regel“, aber mit ihnen verbunden auch der der „Institution“. Es ist zu schauen, ob und wie sich einige Entwicklungen in sozialwissenschaftlich bedeutsamen Konzeptionen der fünfzig stilleren Jahre, mit Winch präzisieren oder vorantreiben lassen.
Erhard Stölting. 1964–1969 Studium der Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaft, Philosophie, Germanistik und Romanistik an der Freien Universität Berlin; 1969–1972 Wissenschaftlicher Angestellter am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin; 1973–1982 Wissenschaftlicher Assistent, Institut für Soziologie, Universität Erlangen-Nürnberg; 1974 Dr. phil., 1982 Habilitation an der Universität Erlangen-Nürnberg; 1982–1983 Akademischer Oberrat am Institut für Soziologie, Universität Erlangen-Nürnberg; 1984–1985 Lehrstuhlvertretung Universität Bayreuth; 1985–1992 Professor für Soziologie, Freie Universität Berlin; 1987 Lehrstuhlvertretung Universität Bochum; 1992–1994 DAAD-Professor an der University of California at Berkeley; 1994–2007 Professor für Allgemeine Soziologie an der Universität Potsdam.
Veröffentlichungen: Wissenschaft als Produktivkraft. Die Wissenschaft als Moment des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses (1974); Mafia als Methode (1983); Akademische Soziologie in der Weimarer Republik (1986); Alltagsmoral in der Sowjetunion. Eine Leserbriefdiskussion in der „Literaturnaja Gazeta“ (1987); Eine Weltmacht zerbricht. Nationalitäten und Religionen in der UdSSR (1990; 3., erweiterte Aufl. 1991); Herausgeberschaften: Mit Stefan Heeg, Anja Schneider, Antje Zapf: Lebensabschnitt Universität. Studium und soziale Integration in Potsdam (2001); mit Peter Klier: Politische Selbstdarstellung im Wahlkampf. Untersuchungen und Interpretationen zum Berliner Wahlkampf (1990); mit Uwe Schimank: Die Krise der Universitäten (2001); mit Richard Faber: Die Phantasie an die Macht? 1968 – Versuch einer Bilanz (2002); mit Thomas Edeling und Dieter Wagner: Öffentliche Unternehmen zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung. Eine empirische Studie im Feld kommunaler Versorgungsunternehmen (2004); mit Dietmar Rost, Tomasz Zarycki, Paolo Pasi, Anna Tucholska: New Regional Identities and Strategic Essentialism. Case Studies from Poland, Italy and Germany (2007). Zahlreiche Aufsätze in soziologischen Fachzeitschriften und Sammelbänden.