Lecture
Tuesday, May 3, 2016, 12 PM

Andreas Bernard

Professor am Zentrum für Digitale Kulturen, Leuphana Universität Lüneburg

Der Storch mit der Spritze. Neue Reproduktionstechnologien und die Ordnung der Familie

Gesprächsleitung: Friedmar Coppoletta, Potsdam

Die Verfahren der assistierten Empfängnis sind keine Randerscheinungen mehr. Ein halbes Jahrhundert nach Gründung der ersten Samenbanken in den USA und knapp 40 Jahre nach der Geburt der ersten in vitro gezeugten oder von einer kommerziell vermittelten Leihmutter ausgetragenen Babys haben diese Techniken jede Exotik verloren und bestimmen, je nach Rechtslage der einzelnen Länder, den Alltag der Reproduktionsmedizin.
Andreas Bernard interessiert sich für die Frage, inwiefern die Organisation von Verwandtschaft und Familie im Zeitalter der neuen Fortpflanzungstechnologien gefährdet ist und mittels welcher Strategien sie aufrechterhalten werden kann. In den letzten Jahren hat er zahlreiche IVF-Kliniken, Samenbanken und Leihmutter-Agenturen in Deutschland, Kalifornien und der Ukraine besucht und mit Ärzten, Auftragseltern, Samenspendern, Leihmüttern und den aus assistierter Empfängnis hervorgegangenen Kindern gesprochen. Gleichzeitig versucht er, die Beschreibung aktueller Phänomene immer wieder mit älteren, bis ins späte 17. Jahrhundert zurückreichenden Etappen des Zeugungswissens in Beziehung zu setzen. In der Verbindung dieser beiden Perspektiven entsteht ein umfassendes Bild der modernen Reproduktionsmedizin.

Andreas Bernard, geboren 1969 in München, ist Professor für Kulturwissenschaften an der Leuphana-Universität Lüneburg und Autor der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Buchveröffentlichungen u.a.: Über das Essen (2002), Die Geschichte des Fahrstuhls. Über einen beweglichen Ort der Moderne (2006), Das Prinzip. Hundert Phänomene der Gegenwart (zusammen mit Tobias Kniebe, 2008), Kinder machen. Neue Reproduktionstechnologien und die Ordnung der Familie (2014).

Friedmar Coppoletta unterrichtet Politische Bildung an der Fachschule für Sozialwesen Hermannswerder und der Universität Potsdam.